Don Karlos rast vor Liebe

von Katja Krawinkel, NRZ, 4. März 2008

SCHULTHEATERTAGE. Die “Theatergruppe am Goethe” entstaubt den Helden vom Pathos.

Die Spielfläche ist weiß und klar umgrenzt. Die Figuren darin ebenfalls schnee‑ oder blüten­, oder gar unschuldsweiß? Am Rande gibt’s die Zweifler, die Zyniker und Skeptiker in Schwarz und Grau. Man könnte mutmaßen, dass hier in Anlehnung ans Schwarz‑Weiß‑Kino die Antiquiertheit klassischer Theatertexte präsentiert wird, die sich der modernen Jugend verschließen. Aber dann freut man sich über die Farbtupfer.

Die “Theatergruppe am Goethe” hat für ihren „Don Karlos“ zur Er­öffnung der Schultheatertage am FFT Juta am Sonntag die Reclam‑Heftchen mit auf die Bühne gebracht und scheut sich nicht, die Schilller’schen Kunstfiguren respektlos zu hinterfragen. Karlos, der unverstandene Prinz von Spanien (zauberhaft ungestüm: Yannic Vetter) ist nicht nur unglücklich verliebt, er ist geradezu rasend vor Liebe zu seiner Stiefmutter. Er kann sich nicht entscheiden zwischen seiner glühenden Hingabe zu ihr und dem Wunsch aller Heranwachsenden: sein Jahrhundert in die Schranken zu weisen. Weder Karlos, noch sein Busenfreund Posa (Ben Gageik als ernster Beinahe‑Held) oder Widersacher König Philipp (Alexandros Tsoubaklis) sind gefeit vor den feixenden Einwürfen von der Nebenbühne. Keine Chance, auf dicke Hose zu machen. Die Oberstufenschüler des Goethe-Gymnasiums nehmen Schiller ernst, indem sie ihm nicht alles Pathos abkaufen. So beleben sie nicht nur den klassischen Text, sondern thematisieren gleich noch ihren eigenen Umgang damit. Kompliment!

Pressespiegel