Theatergruppe am Goethe faltet Friedrich Schillers “Don Karlos“ auf – „Du bist stinknormal, Schatzi“

Waldeckische Landeszeitung, 2. Mai 2008

KORBACH (tk). „23 Jahre alt und noch nichts für die Weltgeschichte getan.“ Don Karlos wird langsam nervös. Zwischen Staatsräson, dem strengen Regiment seines Vaters, König Philipp, und dem Drängen seines Freundes Marquis de Posa, den spanischen Untertanen Freiheit zu geben, muss er sich ständig neu entscheiden, was er nun will.

Die Theatergruppe des Goethe‑Gymnasiums Düsseldorf faltet das komplexe Werk Schillers auf, verteilt die Handlung auf eine Haupt‑ und zwei Zwischenspiel‑Ebenen. Dort an der Seite sitzen die Zwischenruferinnen, die im Gegensatz zur Jambenform des auf der Hauptbühne gesprochenen Originaltextes das Geschehen in moderner Alltagssprache kommentieren und auch direkt in die Geschichte eingreifen: „Du bist stinknormal, Schatzimausi“, entgegnen sie dem weinerlichen Prinzen.

Überdies stellen sie mit ihren Unterbrechungen die zahlreichen Gegenwartsbezüge her, die sich vom ewig jungen Thema: „Sehnsucht nach politischer und persönlicher Freiheit“ ableiten lassen. Denn Freiheit ist lediglich eine Illusion, zitieren sie Gehirnforscher: „Wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun.“

Die etwa 100‑minütige Inszenierung beeindruckt vor allem durch dieses Aufeinandertreffen von männlichem Geltungsdrang und weiblichem Realitätsbezug. Karlos und die Frauen ist überhaupt ein Kapitel für sich. Eigentlich liebt er seine Mutter, die früher mal seine Verlobte war und danach doch lieber seinen Vater geheiratet hat. Zu kompliziert? Das dachte Philipp wohl auch und entschloss sich, Sohn und Frau zu töten.

Die Goethe‑Gruppe zeichnet das Drama weitestgehend in Schwarzweiß nach. Barfuß und in Weiß agieren die Hauptdarsteller. Hin und wieder läuft einer von ihnen gegen die (mit Turnmatten gepolsterte) Wand. Den Thron, auf dem zunächst Philipp sitzt, erklimmt am Ende sein Sohn. Es ist ein Tennisschiedsrichterstuhl.Waldeckische Landeszeitung, 2. Mai 2008

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