Wer intrigiert verliert sich selbst

von Astrid Rau, HNA, 3. Mai 2008

Don Karlos Interpretation von Schillers Werk

KORBACH. Mit einer eigenwilligen Interpretation von Schillers Bühnenwerk Don Karlos hat die „Theatergruppe am Goethe“ aus Düsseldorf einen Literaturklassiker in die Theaterwoche eingebracht.

Der Stoff des Schiller‑Dramas ist an tatsächliche historische Ereignisse aus dem 16. Jahrhundert angelehnt. Außerdem bringt er Ideen aus der Aufklärung ein. Abbildung von Geschichte war nicht das Ziel des Dichters. „Don Karlos “ erscheint als Studie darüber, wie Menschen sich in einem Umfeld mit Konventionen und Versuchen des Aufbegehrens dagegen verhalten. Das Ganze erinnert an ein Computer-Strategiespiel, in denen die einzelnen Charaktere möglichst geschickt ihre Ziele zu erreichen suchen, egal um welchen Preis. Da passte es gut, dass die Akteure vom Düsseldorfer Goethe‑Gymnasium in Spielpausen auf Stühlen saßen, auf deren Lehnenrückseite der Name ihrer jeweiligen Rolle stand. Dass außerdem alle Figuren einheitlich weiß gekleidet waren, schien zu unterstreichen, dass die Menschen dahinter im Grunde austauschbar wären, solange sie sich nur den Vorgaben ihrer Rolle fügten.

Das wird in der Welt des Don Karlos, Kronprinz und Sohn von König Philipp von Spanien, von allen erwartet. In einer Welt, in der alle unglücklich sind, weil sie nicht sie selbst sein dürfen oder wollen.

Allen gelingt es, sich nach außen ins System einzufügen, dabei aber doch die eigenen Ziele zu verfolgen. Allen, außer Karlos, der nichts vom Intrigieren versteht. Er wird von der Liebe zu Elisabeth geleitet, die aber Ehefrau von König Philipp geworden ist. Elisabeth aber stellt sich pflichtbewusst ihrer Rolle und weist Karlos die seine zu: „Elisabeth war Ihre erste Liebe, Spanien sei Ihre zweite.“

Prinzessin Eboli liebt Karlos, allerdings unerwidert, und schwärzt darum Karlos und Elisabeth beim König an. Dem gegenüber will Marquis Posa Karlos nur für seinen Freiheitskainpf in Flandern einspannen.

Zwischen allen steht der König, der glaubt, alles unter Kontrolle zu haben, der letztlich aber auch nur ein Spielball seiner Umgebung ist. Das wurde besonders in den selbst geschriebenen Kommentaren der (im wahrsten Sinne) Randfiguren deutlich, die zynisch sowohl den König als auch Posas freiheitliche Gesinnung lächerlich reden.

Gelernt hatten die Zuschauer am Ende: Wer sich in der Politik nicht aufs geschickte Taktieren versteht, verliert. Wer gut Ränke schmieden kann, am Ende aber auch. Zumindest sich selbst.

Pressespiegel