Von Anna Bachmann, Schülerin der Q2.
Eigentlich sollte dieser Artikel über die vier schönen Tage, die der Theaterprojektkurs in Paris
verbracht hat, berichten. Gute, lustige Erinnerungen sollte er vermitteln, vielleicht mit ein
bisschen Herzschmerz auf die Dernière zurückblickend sollte er die Deutsch-Französische
Freundschaft des Goethe-Gymnasiums und des Lycée Corot loben und unterstützen.
Doch am Tag unserer Abreise nach Düsseldorf, Freitag, den 13. November 2015, wird Paris von grausamen Terroranschlägen erschüttert. 132 Menschen sterben, unter anderem in den Straßen, auf denen wir uns vor wenigen Stunden aufgehalten haben. Als uns die Nachricht erreicht, sind wir wieder in Düsseldorf, haben Paris mit dem Thalys acht Stunden vor den Anschlägen verlassen.
Dieser Artikel wird nun getragen von der Trauer und dem Mitgefühl für Frankreich und die Opfer des Terrors, aber auch für unsere Freunde und Austauschpartner, ihre Familien und Lehrer.
Solidarité!
Am Dienstag, den 10. November machten wir uns in den späten Morgenstunden mit dem Thalys auf den Weg nach Savigny, in der Nähe von Paris. Im Gepäck unsere weißen Wände und die [meˈliʎa]-Textbücher, die dieses Mal auch einige französische Passagen enthalten haben. Nach der Ankunft und dem groben Aufbau des Bühnenbildes in dem Theater der Schule in Savigny, fuhren wir mit unseren Austauschpartnern nach Hause und verbrachten den Abend entweder in den französischen Familien oder, wie Paula und ich, in Paris. Neben Nôtre Dame und dem Eiffelturm, dem Hotel de Ville und dem Champs-Élysées, liefen wir durch das abendliche Paris, betrachteten den Louvre von außen und bestaunten die sonst sehr touristischen Plätze, die nun in der Dunkelheit menschenleer vor uns lagen. Es ist etwas Besonderes, diese Stadt abends zu besichtigen.
Die Kommunikation war zum Teil schwierig, über die Tage hinweg jedoch wusste man sich auf einer bunten Mischung aus Englisch, Deutsch, Französisch und Zeichensprache zu unterhalten. Während einige die französische Sprache beherrschten, konnten andere höchstens wenige Worte.
Am nächsten Tag fuhren wir, ohne die Franzosen, nach Versailles, um das Schloss zu besichtigen. Das imposante Bauwerk, das auch historisch gesehen Schauplatz wichtiger Ereignisse war (z.B. wurde dort der Versailler Vertrag unterschrieben), beeindruckte jeden von uns, letztlich aber auch durch die weiten, grünen Gärten des Schlosses. Auch von innen erschien es sehr prunkvoll und beeindruckend. Die Gänge jedoch verwirrten jeden, der den Ausgang suchte. Da das Schloss eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Paris darstellt, war es natürlich mit Touristen überfüllt.
Die Gruppe machte sich nach der Besichtigung auf den Weg ins Pariser Zentrum, lernte dabei nicht nur schöne Second-Hand-Läden, sondern auch die Freizügigkeit der Stadt der Liebe kennen. Den Abend verbrachte man wieder mit den französischen Gastfamilien, aß zu Abend und ging relativ früh zu Bett, wissend dass am nächsten Morgen die letzte Vorstellung von [meˈliʎa] bevorstand.
Unsere Dernière von [meˈliʎa] begann um halb zehn. Um die 200 französischen SchülerInnen besetzten die samtroten Sitzplätze des schuleigenen Theaters. Und obwohl es etwas vollkommen anderes war, vor französischen Schülern zu stehen und seinen Monolog zu spielen mit dem Wissen, dass sie kein Wort verstehen, hatte es auch etwas Besonderes. Das Publikums achtete fast ausschließlich auf die Aktion und das Spiel auf der Bühne oder eben auf die wenigen französischen Passagen. Die Reaktionen darauf (wie z.B. auf die Ohrfeige oder das Tanzen) waren umso größer. Und trotz einiger Pannen und Patzer auf der Bühne sowie in der Technik war die anschließende Resonanz sehr positiv. Vielleicht waren diese Patzer, gerade weil die Vorstellung unsere letzte war, ungewollte Dernièren-Streiche.
Nachdem wir die Bühne abgebaut und die Einzelteile verladen hatten, genossen wir (mehr oder eben weniger) das Essen der schuleigenen Cafeteria. Auch dort staunten wir über die Größe und Ausstattung des Lycées. Am Nachmittag ging es dann noch einmal nach Paris, wo wir uns in mehreren Gruppen durch das Zentrum bewegten. Während einige im Centre Pompedou moderne Kunst genossen, waren andere in Châtelet, auf dem Champs-Élysées und am Eiffelturm. Der letzte Abend wurde wieder in den jeweiligen Familien erbracht. Auch hier lernte man viel über die Unterschiede der Kulturen und Sprachen, machte Akzente nach, tauschte sich über Hobbies und Leidenschaften aus und verbrachte mehr oder weniger noch Zeit mit den jeweiligen Korrespondenten. Auch lernte man viel über die französichen Bräuche, obwohl auch diese in jeder Familie unterschiedlich waren. Vor allem die Bisous, die Küsschen rechts und links zur Begrüßung, erschienen uns allen sehr fremd.
Am Freitagmorgen, nach der Verabschiedung von den Familien und Austauschpartnern, fuhren wir zum Gare du Nord. Wir verbrachten ungefähr zwei Stunden dort und in der näheren Umgebung des Bahnhofs, um dann mittags den Thalys zurück nach Düsseldorf zu nehmen.
Wenige Stunden später schießen unter anderem in Bahnhofsnähe Terroristen der Terrormiliz IS um sich und zünden Bomben an sieben verschiedenen Orten. Ich bekomme Nachrichten von Leuten die denken, ich wäre noch in Paris, die sich Sorgen machen. Ich schreibe meinem Austauschpartner, meinen Freunden. Die anderen tun dies ebenfalls. Es geht ihnen gut. Nur sitzt die Angst tief.
Eigentlich sollte dieser Artikel damit enden, dass ich auf eine wunderschöne, lustige Zeit mit dem gesamten Theaterprojektkurs zurückblicke, die wir in Düsseldorf, bei der Maskerade, in Korbach, in Dresden und schließlich in Paris verbracht haben. Wir waren sicherlich weit mehr als ein Projektkurs, dank Herrn Stieleke. Und ich, und ich denke, im Namen aller Spieler, bedanke mich für die schöne Zeit und die Gewissheit, dass das wunderbare, politische, aber keinesfalls belehrende Stück [meˈliʎa] nicht nur die Zuschauer bewegt hat.
Fotos: Julietta Bandel, Ciska Meister